“Acht Eimer Hühnerherzen” ist unverbrauchte, frische Punk-Musik mit weiblichen Vocals und Nylonsaiten.
Die Berliner Gruppe hat ihrem erste Album den Titel »“s/t”« gegeben, was “self title” bedeutet und in diesem Fall mit “Acht Eimer Hühnerherzen” übersetzt wird.
Im Intro wirkt es noch rätselhaft, wenn die Sängerin und (Konzert!-)Gitarristin Emo Vega mit “Ihr könnt ja schon mal ohne mich anfangen” Platz für Schlagzeug und Bass macht.
Was aber in den nächsten 12 Stücken folgt macht Spaß, ist lustig, bewegend, auch mal irritierend, aber immer konkret genug um einer jungen und frechen Hauptstadt-Gruppe ihre Stimme zu geben. Es wirkt so, als ob die Musiker einfach mehr vom Leben möchten als zerbrochene Beziehungen, Gefühle ohne Ausschläge und ein mittelmäßiges Leben. Dieses grandiose Machwerk ist dieses Jahr definitiv zu einer meiner Lieblingsplatten geworden”
Letzte Woche, am Donnerstag den 14.09.2019 in Dresdens Chemiefabrik zum 18. Geburtstag des Clubs, konnte ich “Acht Eimer Hühnerherzen” endlich mal wieder live ansehen. Und dieses Album funktioniert tatsächlich auch live, besonders profitieren sie wohl vom sicheren und gut eingespieltes Schlagzeuger Bene Diktatur.
Aber zurück zur Platte “»s/t«”, also “Acht Eimerhühner Hühnerherzen”. Hier gibt es tatsächlich kein einziges Lied, das mir auf die Nerven, auch nicht nach x-maligen Hören. Für mich gibt es aber trotzdem Lieder die nochmal positiv herausstechen, z. B. “Tränengas”, das einen überraschenden und überzeugenden Umbruch hat und großartig von der Distortion des Bassisten Herr Bottrop zum Finale hingeführt wird. Oder “Eisenhüttenstadt”, das mit einem weitreisenden Globetrotter abrechnet und diesem den eigenen Mikrokosmos entgegenstellt.
Sehr gut angenommen wird auch “Mittelmaß”, das sich ironisch und melancholisch mit mittelmäßigen Eindrücken beschäftigt. Hier wird vorgegeben Spaß in diesem “Mittelmaß” zu haben und es zu mögen, was im krassen Kontrast zu den moll-dominierten Klängen der Gitarre steht.
Beim vorletzten und 13ten Titel des Albums wird das Gedicht “Jeden Abend werfe ich” von Erich (Kurt) Mühsam rezitiert. Dieser Schriftsteller war ein Anarchist und ebenfalls Berliner, vielleicht sieht man hier ja eine Parallele zur Band?
Abgeschlossen wird das Album mit “Und Tschüß”, eine Wegbeschreibung mit unklaren Ausgang, die die Möglichkeit offenlässt bis nach Westberlin vorzudringen, Ausgang unklar. Ist bei mir auch schon oft so gewesen.
Wir freuen uns auf jeden Fall auf mehr von dieser einzigartigen, progressiven Band und fiebern dem zweiten Album entgegen.
Thomas von Pfaffenberge